Die Marktgemeinde Jedenspeigen liegt im Bezirk Gänserndorf nahe der Grenze zur Slowakei, die March dazwischen.
Am Weg dorthin kommt man zwischen Dürnkrut und Jedenspeigen an einem 6 Meter hohen Gedenkstein aus Granit vorbei, der an die Schlacht auf dem Marchfeld erinnert, den folgenden geschichtlichen Exkurs widme ich meiner Mama (ein Insider):
Diese Schlacht fand am 26. August 1278 bei Dürnkrut und Jedenspeigen statt, Rudolf I. von Habsburg stellte sich hier erfolgreich Ottokar II. entgegen und legte so den Grundstein für die Dynastie der Habsburger.
Das Viertellehen Nr. 48 in Jedenspeigen war 6 Generationen lang von 1776 bis 1973 im Besitz der Familie Pippersteiner.
Innleuth Hauß
Die erste Erwähnung fand ich im Jahr 1747 im Gewährbuch Jedenspeigen, Jedenspeigen Nr. 48 wurde als „Innleuth Hauß“ bezeichnet.
NÖLA, BG Zistersdorf 13/09, 1727 – 1747, Gewährbuch D 4,
fol. 139
Grundbesitzer im Überblick:
…. – 1746 | Ritter Philipp (vermutlich) |
1746 – 1747 | Ritter Adam (vermutlich durch Inventur) |
1747 – 1758 | Haidl Johann Georg und Anna Maria uxor. (durch Kauf) |
1758 | Haidl Anna Maria, Witwe (alleine) |
1758 – 1774 | Peitl Joseph und Anna Maria (durch Heirat) |
1774 – 1775 | Peitl Anna Maria, Witwe (einverleibt) |
1775 – 1776 | Fuhrmann Joseph und Anna Maria uxor (durch Kauf) |
1776 – 1777 | Pippersteiner Leopold, l.St. (durch Kauf) |
1777 – 1783 | Pippersteiner Leopold und Anna Maria uxor (durch Heirat) |
1783 – 1785 | Pippersteiner Leopold, Witwer (alleine) |
1785 – 1806 | Pippersteiner Leopold und Katharina uxor (durch Heirat) |
1806 – 1810 | Pippersteiner Leopold, Witwer (durch Inventur) |
1810 – 1841 | Pippersteiner Johann, l.St. (durch Kauf) |
1841 – 1871 | Pippersteiner Josef (durch Kauf) |
1871 – 1883 | Pippersteiner Elisabeth, Witwe (einverleibt) |
1883 – 1950 | Pippersteiner Lorenz und Josefa (durch Kauf) |
1950 – 1973 | 13 Erben von Pippersteiner Lorenz einverleibt |
16. Juni 1973 | Marktgemeinde Jedenspeigen (durch Kauf) |
nach 1973 | Abriss und Bau des neuen Gemeindeamtes |
BG Zistersdorf 13/09, 1727 – 1747, Gewährbuch D 4
BG Zistersdorf 13/10, 1750 – 1815, Gewährbuch
BG Zistersdorf 13/02, 1752 – 1847, Grundbuch über den Markt Jedenspeigen
BG Zisterdorf, Grundbuch Jedenspeigen, EZ 958; Katastralzahl 86
Ritter Philipp
Philipp Ritter heiratete Anna Susanna am 07. August 1703 in der Pfarre Jedenspeigen, er war vermutlich der erste Besitzer von Jedenspeigen Nr. 48 – einem „Innleuth Hauß“, grundherrschaftliche Unterlagen fehlen. Er starb am 28. Januar 1746 und sein Sohn
Ritter Adam
Adam Ritter, geboren am 11. Januar 1706 in Jedenspeigen, übernahm nach dem Tod seines Vaters wahrscheinlich mit den Weingärten und dem Keller „in der Zieglgstötten“ auch dieses „Innleuth Hauß“ (NÖLA, BG Zistersdorf 13/09, 1727 – 1747, Gewährbuch D 4, fol. 130v).
Da er offenbar verschuldet war verkaufte er im Jahr 1747 an
Haidl Johann Georg und Anna Maria
Johann Georg und Anna Maria Haidl (NÖLA, BG Zistersdorf 13/09, 1727 – 1747, Gewährbuch D 4, fol. 139), welches sÿe von dem Adam Ritter umb die darauf gehabte schulden und seiner künftig Verpflegung halber übernommen.
Nach dem Tod von Johann Georg Haidl im Jahr 1758 übernahm seine Witwe Anna Maria Haidl das Kleinheüßl mit einem Wert von 150 Gulden (NÖLA, BG Zistersdorf 13/10, 1750 – 1815, Gewährbuch, fol. 118). Sie heiratete am 25. April 1758
Peitl Joseph und Anna Maria, verw. Haidl
Joseph Peitl von Jedenspeigen in der Pfarre Jedenspeigen, mit der Heirat bekam er die Hälfte des Viertellehens (NÖLA, BG Zistersdorf 13/10, 1750 – 1815, Gewährbuch, fol. 128v).
Er starb 57 jährig am 3. April 1774 und seine Witwe Anna Maria Peitl wurde alleinige Besitzerin, Wert des Kleinheüßls lt. Grundbuch 150 Gulden. Im Jahr 1775 verkaufte sie um 441 Gulden an
Fuhrmann Joseph und Anna
Joseph und Anna Fuhrmann, beide verwitwet hatten in der Pfarre Jedenspeigen am 24. November 1772 geheiratet.
Am 17. Februar 1776 verkauften sie um 428 Gulden (NÖLA, HS Jedenspeigen, BG Zistersdorf 13/14, 1763–1831, Kaufprotokoll, fol. 46) das Viertellehen an meinen 4-facher Urgroßvater
Kauf des Viertellehens durch Leopold Pippersteiner
Hauskauf 17. Feber 776
An heut zu Ende gesezten dato und Jahr verkaufft mit Obrigkeitl. Consens und Gewilligung Jos. Fuhrman und Anna Maria dessen Ehewürthin ihr dermahlen besizendes und zu Jedenspeigen ligendes Virtllehenhauß samt dem darzu gehörigen 6 ½ Joch Hausackern dem Leopold Pipersteiner l: St: um einen wahr bedingenden Kaufschilling je virhundertzwanzig acht Gulden. …
Jedenspeigen Nr. 48 © Familienarchiv Ingrid Schuster
Pippersteiner Leopold und Anna geb. Schweinberger, später Katharina geb. Lechner
Leopold Pippersteiner, geboren am 10. Oktober 1753 in Sonnberg und von Profession ein Maurer (Murarius) kam um 1768 mit seiner Tante Magdalena, Pfarrersköchin bei Pfarrer Medeck (vormals Pfarrer in Sonnberg), nach Jedenspeigen.
Er heiratete am 21. Jänner 1777 die aus Loidesthal stammende Anna Schweinberger in der Pfarre Jedenspeigen. Anna Pippersteiner starb 28 jährig am 22. Februar 1783, das Viertellehen ging nun an den Witwer alleine.
Leopold verehelichte er sich erst wieder am 7. Februar 1785 mit Katharina Lechner, Tochter eines kaiserlichen Salz- und Fleisch-Kontrollors in Drösing & Stophenreuth, in der Pfarre Jedenspeigen, durch die Heirat erhielt Katharina Pippersteiner die Hälfte des Viertellehens, Wert lt. Grundbuch 200 Gulden.
Katharina Pippersteiner starb im Alter von 46 Jahren am 28. April 1806 und das Viertellehen ging mit einem geschätzten Wert von 900 Gulden alleinig an den Witwer Leopold Pippersteiner (NÖLA, HS Jedenspeigen, BG Zistersdorf 13/18, 1798–1808, Inventurprotokoll, fol. 330v), ihr Nettovermögen betrug 593 Gulden.
Leopold Pippersteiner starb am 14. Juni 1809, in seiner Inventur wurde das Viertellehen inkl. Überlandgrundstücke mit 2300 Gulden taxiert, sein Nettovermögen betrug 2997 Gulden (NÖLA, HS Jedenspeigen, BG Zistersdorf 13/19, 1808–1828, Inventurprotokoll, fol. 195v).
Da der älteste Sohn Andreas nach Ungarn ausgewandert war übernahm nach Leopolds Tod aufgrund der Verlassenschaft der jüngere Sohn, mein 3-facher Urgroßvater
Pippersteiner Johann und Barbara geb. Marka
Johann Pippersteiner das Viertellehen am 28. April 1811 (NÖLA, HS Jedenspeigen, BG Zistersdorf 13/14, 1763–1831, Übernahmevertrag, fol. 193v).
Johann, geboren am 24. Dezember 1789 in Jedenspeigen, heiratete Barbara Marka, Viertellehnertochter von Jedenspeigen, am 9. Mai 1811 in der Pfarre Jedenspeigen. Lt. Heiratsprotokoll vom 28. April 1881 brachte der Bräutigam das Viertellehen in die Ehe, die Braut 1000 Gulden (NÖLA, HS Jedenspeigen, KG Stockerau 160/2, 1811–1850, Heiratsprotokoll, fol. 2v).
Johann Pippersteiner starb am 23. Mai 1861 an der Wassersucht, seine Witwe Barbara Pippersteiner am 16. August 1867.
Bereits am 1. März 1841 übergaben die beiden um 1200 Gulden (NÖLA, HS Jedenspeigen, KG Stockerau 160/3, 1831–1850, Kaufprotokoll, fol. 64v) an den noch ledigen Sohn, meinen 2-fachen Urgroßvater
Franziszeischer Kataster, VUMB, 186 Jedenspeigen
Parzellennr.: 86 Familienname, Vorname: Pippersteiner Johann Beruf: V (V = Viertellehner) Hausnr.: 48
Pippersteiner Josef und Elisabeth geb. Schibik
Josef Pippersteiner, geboren am 14. März 1815 in Jedenspeigen. Er heiratete Elisabeth Schibik, Viertellehnertochter von Drösing, am 28. November 1843 in der Pfarre Jedenspeigen. Die Braut brachte 400 Gulden in die Ehe, der Bräutigam das Viertellehen (NÖLA, HS Jedenspeigen, KG Stockerau 160/2, 1811–1850, Heiratsprotokoll, fol. 221v).
Josef Pippersteiner starb mit nur 56 Jahren an einer Kohlensäurevergiftung am 26. Oktober 1871 um 10 Uhr vorm(ittags) in Jedenspeigen im Keller, wohnhaft No. 48. Das Viertellehen wurde seiner Witwe Elisabeth Pippersteiner
Pippersteiner Elisabeth, Witwe
aufgrund der Einantwortung am 3. Juli 1872 einverleibt und sie erhielt das Alleineigentumsrecht.
Die verwitwete Elisabeth Pippersteiner starb am 02. August 1893 in Jedenspeigen.
Bereits am 26. September 1883 kauften meine Urgroßeltern
Pippersteiner Lorenz und Josepha geb. Schön
Lorenz und Josepha Pippersteiner das Viertellehen und das Eigentumsrecht wurde den beiden einverleibt.
Mein Urgroßvater Lorenz Pippersteiner wurde am 3. August 1857 in Jedenspeigen geboren, er heiratete meine Urgroßmutter Josefa Schön, Gartlertochter von Benke in Nordmähren, am 8. Mai 1883 in der Pfarre Jedenspeigen.
Lorenz Pippersteiner starb am 5. Dezember 1948, Josefa Pippersteiner am 4. März 1949.
Das Eigentumsrecht wurde aufgrund der Einantwortungsurkunde vom 17. Juni 1949 den dreizehn Erben (Kinder und Enkelkinder) einverleibt.
Ab 1963 lebte die Schwiegertochter Hermine Pippersteiner geb. Scholz (1888 – 1973), Ehefrau des Lorenz Pippersteiner (1888 – 1963), im Haus. Sie starb am 29. Jänner 1973 in Wien.
Verkauf an die Gemeinde Jedenspeigen
Am 16. Juni 1973 wurde Haus und Grund Jedenspeigen Nr. 48 an die Gemeinde Jedenspeigen verkauft.
Bau des Gemeindeamtes Jedenspeigen
Nach dem Verkauf an die Gemeinde Jedenspeigen erfolgte der Abriss und Bau des Gemeindeamtes, errichtet 1975.
Gemeindeamt Jedenspeigen (heute)
Epilog
Ich trauere immer noch diesem Haus nach. In meiner Erinnerung hatte es ganz dicke Wände, ein Plumpsklo im Hof und zwei wunderschöne alte Nussbäume – die standen dort, wo heute das Feuerwehrhaus steht.
Beitragsbild:
Jedenspeigen Nr. 48
Ein Gedanke zu “Jedenspeigen Nr. 48, nach 1973 abgerissen”